Für international aufgestellte Unternehmen bedeutet das, dass auch kurz-, mittel- und langfristige Handlungsnotwendigkeiten und -optionen bei den steuerlichen Verrechnungspreisen zu beachten sind. Kurzfristig geht es darum, wie auch über Verrechnungspreise Liquidität beeinflusst werden kann.
Ferner muss die Preissetzung diverser Transaktionen bei laufenden, aber auch zukünftigen Transaktionen überprüft werden. Ist etwa die Vergütung einer Routineeinheit „at cost“ oder sogar zu „cost minus“ möglich? Wie können Benchmarkstudien erstellt und mögliche Anpassungsrechnungen durchgeführt werden? Welche Vergütung ist für konzerninterne Darlehen fremdüblich? Wie sind Intangibles vor dem Hintergrund der Planungsunsicherheit zu bewerten? Besondere Bedeutung bei diesem Fragen kommt dem Risikobegriff zu. Der Begriff „Force Major“ in konzerninternen Verträgen dürfte vermehrt zu würdigen sein. Für die Verfahrenspraxis ist zu diskutieren, wie Betriebsprüfungen in Zeiten von Corona ablaufen können und wie bi- bzw. multinationale Verfahren wie MAPs, APAs und Joint Audits beeinflusst werden.
Langfristig sind Änderungen der Wertschöpfungsketten zu erwarten. Viele Konzerne werden ihre bestehenden Supply-Chain-Strukturen überdenken und entsprechende Reorganisationsmaßnahmen ergreifen. Die Corona-Pandemie hat zudem zu einer erheblichen Beschleunigung der Digitalisierung von Geschäftsprozessen, der Datenerfassung und -verwertung sowie der Kommunikationsformen geführt. Mit den möglichen Reorganisationsmaßnahmen werden in der Folge Aspekte der Vermeidung von steuerlichen Einmaleffekten wie auch das Re-Design bestehender Verrechnungspreissysteme im Vordergrund stehen. Mit Max Frisch gilt: „Krise ist (auch) ein produktiver Zustand.“ Oder mit anderen Worten: In jeder Krise liegt auch eine Chance.
Das ifst hat zu den vorstehend skizzierten Fragen kurzfristig für Mai 2020 eine Studie in Auftrag gegeben, mit der Unterstützung für die Planung und Verteidigung von Verrechnungspreisen geboten werden soll. Zudem soll hiermit auch ein Beitrag zur Konfliktvermeidung in zukünftigen Betriebsprüfungen geleistet werden. Die ifst-Schrift richtet sich damit ausdrücklich an Rechtsanwender in Verwaltung, Unternehmen und der Beratung. Zudem möchte sie Impulse für den wissenschaftlichen Diskurs bieten.